Effektivität und hohe Leistungen für Sozialismus und Frieden

Mauerfoto: Effektivität und hohe Leistungen für Sozialismus und Frieden aus

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Die Mauer vor dem Brandenburger Tor hat eine andere Form als sonst üblich. Sie ist nur etwa halb so hoch, wesentlich tiefer und hat keine Röhre obenauf. Auch der Beobachtungsturm sieht hier anders aus. Er ist niedriger als sonst. Im Grenzstreifen befinden sich im Straßenbelag alte Schienen der Straßenbahn, die hier vor dem Mauerbau die Ebertstraße entlang verkehrt. An der Hausfassade im Hintergrund hängt ein Parolentransparent für Sozialismus und Frieden.

Fotografiert am:

18.5.1984

Ort:

Ebertstraße

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Ich bin Jahrgang 1970 und in Ostberlin aufgewachsen. Bei diesem Foto fällt mir ein, dass ich mich gefragt habe, was diese Spruchbänder, die ja nahezu an jedem Betrieb oder öffentlichem Gebäude in der DDR hingen, sollten. Motivierend und die Produktion ankurbelnd haben sie nicht gewirkt. Irgendwann hat man die Transparente gar nicht mehr wahr- und schon gar nicht ernst genommen. Wie erst muss so ein Spruchband auf Westberliner oder Besucher gewirkt haben? Konnten sie darüber lächeln, haben sie die Ossis für naiv, dumm oder sonst was gehalten? Mich würde auch mal interessieren, was sich die die „Transparent-Beauftragten“ dabei gedacht haben, so einen Spruch genau ins Grenzgebiet zu hängen? Die Leser waren sicher keine Ostberliner, die haben das Ding aus ihrer Perspektive gar nicht sehen können. Vor einigen Jahren gab es einen Fernsehfilm mit Goetz George in einer Doppelrolle. Er spielte Zwillingsbrüder. Den einen hatte es in den Westen, den anderen in den Osten verschlagen, irgendwann haben die beiden ihre Identitäten getauscht. Zwilling West, eigentlich in der Werbebranche tätig macht sich im Ostbetrieb seines Bruders daran, die Tarnsparente und Slogans zur sozialistischen Produktion in demselben schmissigen Stil zu gestalten wie die Lobpreisungen auf die Produkte der kapitalistischen Produktion… Im Nachhinein muss man sich das mal vorstellen: statt des typischen roten Fahnentuchs mit weißer Aufschrift, würden die Aussagen in intelligente Sätze und eine ansprechende Optik verpackt. Wie hätte das wohl gewirkt, wären die Worthülsen dann wahrgenommen worden? Ich bin froh, dass niemand auf die Idee gekommen ist, dadurch wusste man woran man ist und konnte das Ensemble weiße Schrift auf rotem Grund aus der Wahrnehmung mit schöner Regelmäßigkeit ausschließen.
Dieses Foto scheint von einer der Aussichtsplattformen gemacht zu sein ... Meine Erinnerung an Berlin -West- sind aus Kindheitstagn , als ich mit meiner Mutter dort zu Besuch war. Ich habe damals natürlich nicht begriffen was ich zu sehen bekam , ich war wohl einfach zu jung um mich mit dem Thema auseinander zu setzen ... Jedoch erscheint mir immer wieder das Bild vor Augen als meine Mutter und ich mit unseren Berliner Verwandten auf dieser Plattform standen , den Blick auf das B-Tor und die bewaffneten Leute in Uniform die auf dem Platz ihre Runden drehten. Wurde mir nicht sogar gesagt ich dürfte keine Fotos machen und nicht winken ??? Ich weiss es nicht mehr. Schade finde ich das der Bereich der Mauer -gerade im Bereich vom Tor und Reichstag- sehr schnell aufgeräumt und die Spuren beseitigt wurden. Auch das unglaublich viel Geld für ein angebliches Denkmal ausgegeben wurde finde ich nicht gut. Ein Stückchen Mauer mit allem was das Gefühl von West-Ost bestärkt, das hätte ich mir als Denkmal gewünscht.
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